Deponiedichtwände:
Schadstoffrückhaltevermögen und -beständigkeit
1 Kurzdarstellung |
Dichtwände werden als mineralische
Schlitzwände bereits seit mehr als 50 Jahren z.B. für die Absicherung
von Baugruben hergestellt. Als Anfang der 80-er Jahre diese Technik auch zur Sicherung
von Altlasten eingesetzt werden sollte, ergab sich auf Grund neuer Anforderungen
erheblicher Entwicklungsbedarf. Besonders hohe Anforderungen werden an
die Undurchlässigkeit der Dichtwände gestellt. Sie sollen jedoch
nicht nur das Wasser als ein Transportmedium, sondern
darüber hinaus die Schadstoffe selbst möglichst effektiv zurückhalten.
Wenn möglich, sollen sie auch in der Lage sein, den rein diffusiven
Schadstofftransport zu minimieren. Schließlich ist zu fordern, dass
sie aggressiven Schadstoffen auch langfristig standhalten sollen.
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Die klassischen Dichtwandmischungen für
das sogenannte Einphasenverfahren bestehen aus Natrium-Bentonit, Zement
und Wasser. Mit derartigen Massen lassen sich im Labor Durchlässigkeits- Beiwerte
um 10-9m/s erreichen. In zahlreichen Fällen genügt
dies bereits den Ansprüchen. Bei moderneren Entwicklungen versucht
man, den reaktiven und empfindlichen Na-Bentonit durch Ca-Bentonit zu ersetzen
und mit Hilfe von Füllstoffen und ggf. Reaktiven als Verflüssigern
und/oder Erstarrungsreglern feststoffangereicherte Massen herzustellen.
Im Labor lassen sich an ihnen Durchlässigkeitsbeiwerte um 10-11m/s
und darunter messen.
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Im Zweiphasenverfahren wird der Schlitz
zunächst unter der stützenden Wirkung einer Primär- Suspension
ausgehoben. Die Suspension wird anschließend durch die endgültige
dichtende Zweitmasse ersetzt. Bei der Wahl der Baustoffe für die Zweitmasse
hat man größere Freiräume als bei den Einphasenmassen,
da die Zweitmassen nicht unbedingt als fließfähige Suspensionen
vorliegen müssen. Hier gibt es dementsprechend zahlreiche Sonderentwicklungen,
beginnend bei betonähnlichen Massen bis hin zu zementfreien Mischungen
mit organischen Bindemittelsystemen. Bei diesen Massen werden im Labor
gelegentlich Durchlässigkeiten unter 10-12m/s gemessen.
Im Labor Dr. R. Wienberg untersuchten wir
die Dauerbeständigkeit von Dichtwandmassen. Dabei hat es sich gezeigt,
daß die Erfahrungen und Normen aus dem Tiefbau, z.B. mit Beton (DIN
4030), nur sehr begrenzt auf mineralische Dichtwände zu übertragen
sind. Zum einen finden sich in den Altlasten angreifende Stoffe und Stoffgemische,
die unter "normalen" Bedingungen im Boden nicht auftreten. Zum anderen
gelten die Normen und Erfahrungen vor allem für den Zement als Bindemittel;
die übrigen Zuschläge werden in der Regel als wenig reaktiv angesehen.
Im Gegensatz dazu enthalten Dichtwände mit Na- oder Ca-Bentoniten
oder mit organischen Hydrogelsystemen kolloidale, reaktive Bestandteile
mit einer eigenen, komplizierten Chemie.
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Als Fazit gilt, daß die Dauerbeständigkeit
des Materials nur im Einzelfall gegen die projektspezifischen Schadstoffe
geprüft werden kann. Normen oder Regeln für diese Prüfungen
gibt es zur Zeit noch nicht; ein Ausschuss der Deutschen Gesellschaft
für Geotechnik, hat sich eine Vereinheitlichung
zum Ziel gesetzt. Üblich sind sogenannte Lagerungsversuche. Dabei
werden Prüfkörper in ein Deponie- oder Testsickerwasser eingelagert.
Gelegentlich erfolgt auch eine Einlagerung in kontaminiertes Bodenmaterial
oder in Öl- oder LCKW-haltige Prüfmedien. Zu unterscheiden ist
der freie und der arretierte Lagerungsversuch. Im freien Versuch wird ein
Prüfkörper nach dem Aushärten von seiner Schalung befreit
und in das Prüfmedium engelagert, so daß er dem Schadstoffangriff
allseitig ausgesetzt ist. Im arretierten Lagerungsversuch verbleibt der
Prüfkörper in seiner Schalung, nur die Stirnseite ist offen und
kann vom Prüfmedium angegriffen werden. In diesen Versuchen werden
regelmäßig die Abmessungen und das Gewicht kontrolliert, um
Schrumpfen oder Quellen bzw. Massenverluste festzustellen. Soweit die angreifenden
Medien zu einer Entfestigung führen, lässt sich dies gut
mit Hilfe des Vicat-Nadelgerätes feststellen. Dabei wird festgestellt,
wie weit eine Nadel mit 1 mm Durchmesser und bei 300 g Auflagegewicht in
den Prüfkörper eindringen kann.
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Nicht nur die Langzeitstabilität,
auch die Verarbeitbarkeit der Suspension bei der Herstellung des Schlitzes
kann erheblich durch Schadstoffe beeinträchtigt werden. Je nach Verfahren
muss damit gerechnet werden, dass ein gewisser Anteil des Bodenaushubs
bei der Herstellung des Schlitzes eingemischt wird. Um sicher zu sein, dass
die Suspension auch bei Einmischung von Schadstoffen stabil bleibt, werden
entsprechende Anmisch- und Rührversuche durchgeführt. Während
der Versuche wird laufend entsprechend den GDA-Empfehlungen die Rheologie,
die Filtratwasserabgabe, das Sedimentationsverhalten und die Fließgrenze
des Systems überprüft. An Rückstellproben wird das Aushärtungsverhalten
im Vergleich zu nicht beaufschlagten Proben bestimmt.
Das primäre Ziel einer Altlasteneinkapselung
ist es, die Schadstoffe zurückzuhalten, die Behinderung der Ausbreitung
des Wassers als Transportmedium durch geringste Durchlässigkeit ist
dagegen ein sekundäres, abgeleitetes Ziel. Daher strebt man auch an,
Dichtwandmassen mit hoher Schadstoffsorptivität einzusetzen, um den
Schadstofftransport so weit wie möglich zu retardieren. So haben unsere
Untersuchungen gezeigt, dass man mit organisch modifizierten Dichtwandmassen
den Transport von organischen Schadstoffen mit dem Porenwasser um mehr
als das 20-fache verlangsamen kann.
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Aber auch wenn kein Porenwasser mehr
strömt, kommt es durch Diffusion zu einem Schadstofftransport. Diffusiv
beweglich ist jedoch nur der wassergelöste (desorbierte) Schadstoffanteil,
der sorbierte Anteil diffundiert nicht. Daher kann man auch den diffusiven
Transport durch eine möglichst hohe Sorptivität sehr effektiv
behindern. Weitere, den Transport beeinflussende Faktoren sind die Porosität
und die Tortuosität des Materials. Letzteres ist ein Geometrie-Faktor,
der angibt, welche Umwege ein diffundierendes Molekül in einem Korngefüge
im Vergleich zum freien Wasser zurücklegen muß. Durch Optimierung
dieser beiden Faktoren kann die Schadstoffretardation ebenfalls erheblich
beeinflußt werden.
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Im Labor Dr. R. Wienberg
wurden die wichtigsten
Daten zur Berechnung des Schadstoff- Transportes erhoben. Dazu führten
wir Sorptions- und Diffusionsversuche durch und ermittelten die Tortuositäten.
Diese Daten nutzten wir für die mathematische Transportmodellierung
unter Annahme vernünftigerweise zu erwartender realistischer Bedingungen
oder unter besonders ungünstigen Verhältnissen (worst case Scenarios).
Diese Ergebnisse sind zum einen ein weiteres Auswahlkriterium für
die Bestimmung der Dichtwandrezeptur, die am besten für den Einzelfall
geeignet ist, zum anderen ermöglichen sie eine Gefährdungsabschätzung
nach der erfolgten Altlasteneinkapselung.
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2 |
Beispiele
für durchgeführte Untersuchungen
für Dichtwände |
2.1 |
Verarbeitbarkeit und
Dauerbeständigkeit von Dichtwandmaterial bei Kontakt mit ölhaltigen
Industrieabfällen |
Vorhaben: Eine Altdeponie
mit hochtoxischen ölhaltigen Industrieabfällen soll durch eine
umschließende mineralische Schlitzwand gesichert werden. Die Schlitzwand
bindet in torfhaltigen Klei ein und schneidet den kontaminierten Bereich.
Fragestellung: Es soll das
Verhalten der Frischsuspensionen bei teilweiser Einmischung kontaminierten
Materials bzw. von Torf untersucht werden. Die Langzeitstabilität
des Materials bei Schadstoffkontakt ist zu beurteilen.
Ziel der Untersuchungen:
Aus mehreren möglichen Dichtwandrezepturen ist diejenige zu ermitteln,
die bei Schadstoffbelastung die beste Verarbeitbarkeit und Dauerbeständigkeit
aufweist.
Vorgabe: Grundlage der Eignungsprüfung
sind die Empfehlungen des Arbeitskreises Geotechnik der Deponien und Altlasten
(GDA). Die Untersuchungen werden zusammen mit Grundbauern und Bodenmechanikern durchgeführt. Die Vorarbeiten
ergeben 4 grundsätzlich einsetzbare Rezepturen, die auf die o.g. Fragestellungen
weiter zu untersuchen sind.
Lösung der Aufgabe:
Auf der Grundlage bauchemischer Boden- und Sickerwasseranalysen wird jeweils
ein wässriges und ein ölhaltiges Prüfmedium definiert.
Die Suspensionen werden unter Zugabe von 2 und 5% der Prüfmedien bzw.
des Torfes angemischt. An den Frischsuspensionen und im 8-stündigen
Rührversuch wird gemessen:
- Dichte, Auslaufzeit aus dem Marsh-Trichter,
Fließgrenze, Filtratwasserabgabe, Sedimentation, pH-Wert.
Nach 28 bzw. 56-tägiger Aushärtung
wird an Rückstellproben bestimmt:
- Dichte, Wassergehalt, einaxiale Druckfestigkeit
sowie Durchlässigkeit im Triaxialversuch.
Zur Frage der Dauerbeständigkeit werden
Lagerungsversuche bei 90-tägiger Versuchsdauer und Untersuchung auf
Massen- und Strukturveränderungen durchgeführt:
- Einlagerung der Probekörper in
ein Modell-Deponiesickerwasser,
- Einlagerung der Probekörper in
ein Modellöl,
- Einlagerung in Tauchbrunnen auf der
Deponie.
Der Untersuchungsbericht dokumentiert
die Ergebnisse und vergleicht sie mit denjenigen, die bei den Vorarbeiten
ohne Schadstoffzugabe gemessen wurden. Es werden Prognosen zur Schadstoffbeständigkeit
gemacht und Hinweise für die Verarbeitbarkeit bei Schadstoffeinmischung
gegeben. Es werden Eignungsempfehlungen zu den einzelnen Rezepturen gegeben.
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2.2 |
Beständigkeit
von Dichtwandmassen für eine Altlasteneinkapselung gegen kalklösendeKohlensäure |
Vorhaben: Als Sicherung für
einen Altstandort ist eine mineralische Dichtwand geplant. Chemische Untersuchungen
in der Trasse einer geplanten Dichtwand ergaben erhebliche Konzentrationen
kalklösender Kohlensäure (sehr stark angreifend nach DIN 4030).
Fragestellung: Sind die für
diesen Fall vorgesehenen Baustoffe gegen kalklösende Kohlensäure
hinreichend stabil?
Ziel der Untersuchungen:
Als zusätzliches Auswahlkriterium sind aus mehreren, in vorangegangenen
Versuchen als einsetzbar beurteilten Dichtwandrezepturen, diejenigen zu
ermitteln, die bei Belastung mit kalklösender Kohlensäure die
geringsten Degenerationserscheinungen aufweisen.
Vorgabe: Es werden 6 Massen
untersucht, davon eine Sonderentwicklung mit stark Kohlensäure-puffernden
Zuschlägen. Es liegen Werte für den Gehalt der Böden an
kalklösender Kohlensäure vor.
Lösung der Aufgabe:
Probekörper aus frisch angemischten Dichtwandmaterial werden zunächst
2 Tage bis zum Erreichen einer genügenden Frühfestigkeit feucht
gelagert, anschließend als freie Lagerungsversuche (Proben werden
ausgeschalt, allseitiger Angriff) und als arretierte Versuche (Proben verbleiben
in ihren Schalungen, Schadstoffangriff nur über die Stirnfläche)
in Leitungswasser mit und ohne ständiger CO2-Begasung gelagert.
Nach 28 bzw. 56-tägiger Lagerung wird
an den Probekörpern bestimmt:
- Druckfestigkeit
- Entfestigung des Materials; Messung
der Eindringtiefe der Vicat-Nadel
Mit und ohne Begasung gelagerte Probekörper
werden cm-weise in Scheiben geschnitten. An den einzelnen Scheiben wird
gemessen:
Der Untersuchungsbericht dokumentiert
die Ergebnisse und vergleicht sie mit denjenigen, die in den vorangegangenen
Eignungsprüfungen ohne Schadstoffzugabe gemessen wurden. Für
die Rezepturen wird eine Rangfolge für die Beständigkeit gegen
kalklösende Kohlensäure gegeben. Auf der Grundlage der vorliegenden
Werten für den Gehalt der Böden an kalklösender Kohlensäure
wird eine Prognose zur Schadstoffbeständigkeit gemacht und es werden
Eignungsempfehlungen zu den einzelnen Rezepturen gegeben.
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2.3 |
Schadstoffrückhaltevermögen
von Dichtwänden bei Belastung mit LCKW in Lösung und in Phase |
Vorhaben: Ein Industriealtstandort
soll durch eine mineralische Schlitzwand gesichert werden. Der Standort
ist erheblich mit organischen Lösemitteln, insbesondere mit LCKW belastet.
Fragestellung: Wie groß
ist auf Dauer unter verschiedenen Bedingungen das Schadstoffrückhaltevermögen
der Dichtwand?
Ziel der Untersuchungen:
Langzeitausbreitungsprognosen für die Schadstoffe durch die Dichtwand
unter pessimistischen und realistischen Randbedingungen. Zusätzliche
Bewertung der verschiedenen einsetzbaren Dichtwandrezepturen mit dem Ziel,
höchstmögliche Schadstoffretardation zu erhalten.
Vorgaben: Zu untersuchen
sind die LCKW Trichlorethan und Perchlorethylen sowie Dichlorbenzol. Die
Zusammensetzung und die Eigenschaften der Dichtwandmischungen - insbesondere
die Durchlässigkeitsbeiwerte - sind bekannt.
Lösung der Aufgabe:
Es werden im Labor mit den gelieferten Baustoffen nach den Rezepturen des
Auftraggebers die Dichtwandmischungen hergestellt. Nach 28 Tagen werden
folgende Untersuchungen ausgeführt:
- Bestimmung der Dichte und des
volumetrischen Wassergehalts als Schätzmaß für die Porosität,
Mit Hilfe radioaktiv markierter Schadstoffe
werden folgende Versuche ausgeführt:
- Bestimmung der Sorptionsisothermen,
- Bestimmung der Sorptionskinetiken,
- Bestimmung des Desorptionsverhaltens
nach vorangegangener Adsorption,
- Versuche zur Ermittlung der Diffusionskoeffizienten
im instationären Zustand
- Versuche zur Ermittlung der Tortuosität
des Materials mit 36Cl.
Der Versuchsbericht stellt für
die weitere Begutachtung folgende Daten zur Verfügung: Dichte, Porosität,
Tortuosität, Sorptivität (Verteilungskoeffizienten), jeweils
als größter und kleinster anzunehmender Wert, effektive Diffusionskoeffizienten.
Die Daten werden eingesetzt für eine modellmäßige Betrachtung.
Unter Vorgabe bzw. vernünftigen Annahmen zur Geometrie des sanierten
Bereiches, möglicherweise zu erwartender hydraulischer Gradienten
sowie zur Art des umgebenden Wasserleiters werden für verschiedene
Fälle eindimensionale Ausbreitungsberechnungen durchgeführt.
Ermittelt werden Konzentrationsprofile und Massenströme. Auf dieser
Grundlage erfolgt eine ergänzende Empfehlung zur Auswahl der geeigneten
Rezeptur.
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3 |
Veröffentlichungen
zur Schadstoffbeständigkeit und zum Schadstofftransport bei Dichtwänden |
-
Wienberg, R., Heinze, E. Förstner, U.:
Experiments on specific retardation of some organic contaminants by slurry
trench materials. In: Assink, J.W., van den Brink, J.W. (Hrsg.): Contaminated
soil. Martinus Nijhoff Publ., Dordrecht, 849-857 (1985)
-
Wienberg, R., Heinze, E.: Spread of organic
contaminants in remedial construction materials as effected by dissolving
agents and surfactants. In: Lester, J.N., Perry, R., Sterritt, R.M. (Hrsg.):
Proc. Int. Conf. on Chemicals in the Environment, Lisboa, 1.-3. Juli 1986,
Selper Ltd., London, 733-744 (1986)
-
Förstner, U., Wienberg, R., Gerth,
J.: Biochemische Dauerbeständigkeit und Schadstofftransport bei innovativen
Baustoffen für die Altlastensanierung (1,55 MB). BMBF-Verbundvorhaben
Weiterentwicklung von Deponieabdichtungssystemen, Teilvorhaben 60. Abschlußbericht,
231 S., Hamburg (1996)
-
Wienberg, R., Khorasani,
R.: Beständigkeit von Dichtwandmassen für die Altlasteneinkapselung
gegen kalklösende Kohlensäure (51 KB). Altlasten-Spektrum 4, (1995)
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Dr. Reinhard Wienberg
Umwelttechnisches Labor